Tag 1 und 2 auf dem Albsteig Schwarzwald: von Albbruck bis Wittenschwand

Immer an der Alb entlang

Ende Mai waren wir vier Tage auf dem Weitwanderweg Albsteig durch den wunderschönen Schwarzwald unterwegs und haben dabei so einiges gesehen und erlebt. Heute geht es um die erste Hälfte des Weges, die uns an Tag 1 von Albbruck bis nach Görwihl und an Tag 2 weiter bis nach Wittenschwand führt. Uns erwarten die ersten Highlights wie die Albschlucht und die Höllbachwasserfälle, tierisch lustige Begegnungen und ein paar Wetterkapriolen.

Tag 1: von Albbruck am Hochrhein bis Görwihl

Am Abend zuvor sind wir in Albbruck angekommen. Die Website kündigt das Städtchen vielversprechend an: “Am Hochrhein gelegen, weitab lärmender Großstädte, am südlichen Ausläufer des Schwarzwaldes, im Dreiländereck zu Frankreich und der Schweiz”. Das klingt wie ein idealer Ausgangspunkt für eine längere Wanderung. Und weil die Alb hier in den Rhein mündet, befindet sich am Bahnhof des Ortes der Startpunkt des Albsteigs. Das große Portal mit dem Albsteig-Zeichen kann man nicht verfehlen. Wer Lust (und Glück) hat, findet am Portal auch den Wanderpass des Albsteigs, in dem mehrere Fragen zu verschiedenen Themen rund um die Region zu beantworten sind. Die Lösungen finden sich auf Infotafeln unterwegs. Wer alles ausfüllt und das Lösungswort entschlüsselt, kann sich am Ende eine kleine Belohnung abholen (Spoiler: die angekündigte Wanderurkunde gab es allerdings nicht 😉 ).

Es nieselt, als wir an diesem Morgen los wandern. Hoffentlich stimmt der Wetterbericht, der für nachher Sonne angekündigt hat. Nach ein paar Hundert Metern überqueren wir bereits zum ersten Mal die Alb, die uns geräuschvoll begrüßt. Einige Minuten später biegen wir in den Wald ab und lassen Albbruck schon wieder hinter uns. Entgegen der Fließrichtung der Alb geht es in Richtung Schachen, wo wir schöne Weitblicke über blühende Wildblumenwiesen genießen. In der Ferne liegt die Schweiz. Etwas abenteuerlich wird es, als wir im Wald über einige auf den Trail gefallene Bäume klettern müssen, die letzten Überreste des Winters, der in diesem Jahr deutliche Spuren hinterlassen hat. Das Klettern an sich ist nicht das Problem – eher der matschige Grund am Hang, der das Ganze zu einer kleinen Rutschpartie macht.

Sprachlos durch die Albschlucht: Felswände, Wildwasser und Natur pur

Doch alles klappt problemlos und schließlich geht es auf einem schmalen Pfad durch die Albschlucht. An hohen Felsen entlang, bergauf und -ab, über Wurzel, Stock und Stein. Immer weiter schlängeln wir uns hinab in Richtung Alb, die sich dort unten wild tosend und rauschend ihren Weg bahnt. Und mir fehlen die Worte. Die Natur ist überwältigend schön hier und mittlerweile ist die Sonne herausgekommen, die Erde dampft nach dem Regen und es wird auch unten in der Schlucht wärmer. Auf einer Brücke überqueren wir die Alb und halten kurz inne, bevor schon wieder der Aufstieg auf der anderen Seite folgt. Überall sprenkeln kleine Wasserfälle die Felsen hinab, Wildblumen leuchten in der Sonne. Bevor wir die Albschlucht wieder verlassen, die zu meinem persönlichen Highlight des ganzen Trails wird, verbringen wir noch eine Rast mit grandiosem Ausblick auf den unter uns liegenden Fluss und die beeindruckenden, meterhohen Felswände.

Dann führt der Albsteig uns weiter durch den Wald. Hoch oben am Hang bieten sich immer wieder tolle Ausblicke hinunter in die Schlucht. Einige Zeit später hören wir einen lauten Knall in unmittelbarer Nähe. Was war das? Plötzlich kommt gegenüber ein Steinbruch zwischen den Bäumen zum Vorschein: das Tiefensteiner Granitwerk. Hier finden tatsächlich noch regelmäßig Sprengungen im Zuge des Granitabbaus statt. Schließlich folgen wir dem Albsteig weiter, mal auf verschlungenen Pfaden, mal über breite Forstwege. Wilder Bärlauch und Waldmeister wuchern am Wegesrand und wir begegnen immer wieder flinken Mäusen, die neben uns im Dickicht verschwinden. Nach einem weiteren tollen Aussichtspunkt erreichen wir den Höllbach und die heutige Etappe endet mit einem letzten Highlight: den Höllbachwasserfällen. Wer hier wie wir vom Albsteig nach Görwihl abzweigen will, den erwartet noch ein steiler Aufstieg, bis in die Ortsmitte sind es weitere etwa 1,5 km. Was für ein Auftakt, ich kann die nächste Etappe kaum erwarten!

Tag 2: von Görwihl bis Wittenschwand

Der zweite Tag auf dem Albsteig beginnt mit dem Abstieg von Görwihl hinunter in den Wald, zurück auf den Trail. Der zeigt sich wieder einmal regennass und es ist noch ganz schön frisch hier im tiefen Wald, aber über den Bäumen scheint die Sonne. Nach einigen Minuten und dem ersten kurzen Anstieg wird uns wieder warm, das ging schnell. Kurz darauf sehen wir etwas am Wegesrand liegen. Es ist ein etwas seltsamer Anblick: ein ziemlich großer Schädel, offenbar der eines Wildschweins, noch fast komplett bis auf den Unterkiefer. Das wäre jetzt nicht so ungewöhnlich hier mitten im Wald. Doch der Schädel ist auf einem Ast aufgespießt und mit einem Tuch befestigt, daran prang ein Button: “Atomkraft? Nein danke”. Na gut, wohl eine zurückgelassene Trophäe oder ein etwas makaberes Spielzeug. Faszinierend sind die Knochen mit den tiefen Augenhöhlen schon irgendwie.

Wir wandern weiter und nach und nach schafft es die Sonne durch die Baumwipfel. Es geht bergan und auf einem windigen Pfad wieder ein Stück hinab bis zur Teufelsküche im Albtal. Während der Schneeschmelze oder nach starken Regenfällen bildet sich hier offenbar ein großer Strudel, der aber heute nicht so eindrucksvoll tosend ist wie angepriesen. Schön ist es hier trotzdem. Der Aussichtspunkt befindet sich hoch oben über dem Fluss und man kommt leider durch die umliegenden Felsen nicht hinunter. Da es noch etwas früh für eine Rast ist, wandern wir also weiter und werden von bunten Schmetterlingen begleitet. Hier lichtet sich der Wald, da einige Bäume abgeholzt wurden, und es wird schnell warm.

Auf den Spuren eines Yeti und Unterhaltungen auf “ziegisch”

Wir folgen weiter der Alb, die immer wieder wunderschöne Anblicke bietet und überqueren den Fluss und dann die Albtalstraße. Ein schmaler Pfad schlängelt sich den nächsten Hang hinauf und wir stutzen, als wir auf dem noch etwas matschigen Waldboden riesige Abdrücke entdecken. Was zur Hölle hinterlässt solche Abdrücke?! Sie sind definitiv größer als meine Hand, länger als mein Wanderschuh, mindestens doppelt so breit… und es sieht aus, als wären vorne Krallenabdrücke zu sehen. Noch dazu sind sie ziemlich tief eingedrückt. Wenn wir nicht wüssten, dass es hier keine Bären gibt und die Schneeschuhsaison auch schon eine Weile vorüber ist… es muss wohl ein Yeti gewesen sein, der hier vor uns hinauf in den Wald gestapft ist. Irgendwann führen die Spuren weg vom Pfad, mitten ins Unterholz hinein. Wir horchen noch einmal, doch es ist nichts zu riechen oder zu hören, auch kein Schnarchen. 😜

Die nächste (und diesmal echte) tierische Begegnung erwartet uns in Niedermühle. In dem verschlafenen Dorf stehen ein paar Ziegen in ihrem Gehege am Weg, eine von ihnen ist besonders groß und besonders neugierig. Nach einer intensiven Unterhaltung auf ziegisch, in der sie mir von ihren Modelträumen erzählt und gleich darauf perfekt vor meiner Kamera posiert 😍, geht es weiter bis nach Immeneich. Dort folgt ein heftiger Wolkenbruch. Binnen weniger Sekunden zieht eine riesige, dunkelgraue Wolkenwand über das Dorf und wir retten uns unter das Dach vor der Kapelle, die mit zwei Bänken gerade passend vor uns auftaucht und zu einer Brotzeit einlädt.

Von Regen im Tal, Sonne am Hang und Feen im Schwarzwald

Während wir noch überlegen, ob der Regen wohl bald wieder aufhört, zieht sich unser komplettes Blickfeld mit einer Regenfront zu. Doch siehe da, es lohnt sich immer auch ein Blick in die andere Richtung: Hinter der Kapelle scheint bereits wieder die Sonne! Ein paar Minuten später können wir weiter wandern und stellen fest, dass die Stärkung gerade recht kam, denn nun folgt ein ziemlich langer, steiler Aufstieg bis nach Wolpadingen. Fast wünsche ich mir, es würde doch noch ein wenig regnen, denn die Sonne in Kombination mit der Steigung sorgt kurzfristig für extrem hohe Temperaturen unter meiner Jacke. Also wieder eine Schicht ausziehen und weiter geht’s. Der letzte Teil des Anstiegs ist nicht mehr ganz so steil und verzaubert uns aufs Neue: Es ist, als wanderten wir mitten durch einen Feenwald. Sanfte Grüntöne, hier und da ein paar Sonnenstrahlen zwischen den Bäumen, moosbewachsene Steine. Und dazu erneut der dampfende Boden nach dem Regen, der alles in ein etwas unwirkliches Licht taucht.

Noch ein wenig berauscht erreichen wir ganz plötzlich den Ort, wo uns ein paar zottelige Rinder von ihrer Weide aus neugierig begrüßen. Sofort muss ich meine Jacke wieder anziehen, denn kaum aus dem Wald heraus, pfeift der Wind wieder ordentlich. Auch wenn noch die Sonne scheint, zeigt sich über uns erneut eine bedrohlich schwarze Wolkendecke. Es ist Gewitter angesagt. Wir wägen ab: Gehen wir noch weiter und ziehen die Etappe durch bis nach Wittenschwand? Die nächsten fünf Kilometer führen durch dichten Wald, unterwegs gibt es keine Möglichkeit, abzubrechen. Ein Gewitter da oben im Wald wäre nicht so schön. Andererseits pfeift der Wind so sehr, dass die dunklen Wolken rasend schnell über uns hinwegziehen. Wir entscheiden uns für das Wagnis und gehen zügig weiter.

Heute kein Alpenblick, dafür Wetterschauspiel deluxe

Oberhalb des Ortes erwartet uns ein Aussichtspunkt, der bei anderer Witterung eine tolle Alpensicht verspricht, das bestätigt die Panoramatafel vor uns. Heute sehen wir zwar keinen der aufgeführten Berge in der Ferne, dafür ein anderes Schauspiel: das angesagte Gewitter mit Regenfront zieht – Glück gehabt! – ein Dorf weiter an uns vorbei. Während der Himmel in die eine Richtung rabenschwarz aussieht, scheint ein wenig weiter rechts unbeirrt die Sonne. Wir setzen unseren Weg in die andere Richtung fort und werden nicht mehr nass. Es geht durch den Hotzenwald zum Dachsberg, der zwar auf 950,77 m ü.NN liegt, jedoch nicht wirklich eine Aussicht bietet. Immerhin befindet sich vor dem Markierungsstein eine idyllische Sommerblumenwiese. Die letzten Kilometer führen uns schließlich weiter bis zur Dachsberghalle in einem Vorort von Wittenschwand, wo unsere heutige Etappe endet.

Neugierig, wie es weitergeht? Über die nächsten Etappen lest ihr im zweiten Teil des Berichts:

Wenn ihr den Albsteig selbst wandern möchtet, lest doch auch mal hier rein:

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