Stille, nur das leise Knirschen des Schnees unter meinen Schuhsohlen ist zu hören. Der tief verschneite Wald um mich herum ist unter seiner weißen Decke verstummt. Die Luft eisig, aber glasklar. Zwischen den Bäumen blitzt goldenes Licht. Ein Wintermärchen fast wie in Skandinavien oder Kanada – doch wir sind zum Winterwandern in den Harburger Bergen im Süden von Hamburg.
In Norddeutschland warten wir leider häufig vergeblich auf den “richtigen” Winter mit Schnee, der länger als ein paar Stunden liegen bleibt. Ich gehöre schon immer zur Schneefraktion, die sehnlichst auf ein paar weiße Flocken vom Himmel wartet. Und nachdem fast das ganze Land schon seit mehreren Wochen den Schnee (mehr oder weniger) zelebrierte, werden wir am letzten Januarwochenende des neuen Jahres auch hier in Hamburg mit einem richtigen Wintermärchen belohnt: ordentlich Neuschnee, der dank kalter Temperaturen sogar mehrere Tage bleibt, blauer Himmel und strahlender Sonnenschein.
Nachdem sich die weiße Pracht am Freitagnachmittag bereits angekündigt hatte, kam über Nacht noch einiges dazu. Deshalb mache ich mich am Samstagmorgen früh auf den Weg, um den Winterzauber so pur wie möglich zu erleben. Es geht mal wieder durch die Fischbeker Heide, diesmal zum Winterwandern in die Harburger Berge. Denn was gibt es Schöneres, als die Stille fast alleine im winterlichen Märchenwald zu genießen? Auf einer meiner Lieblingsrouten wandere ich durch tief verschneite Wälder bis zum Hasselbrack und als Runde zurück in die Fischbeker Heide. Die Tour selbst bin ich schon mehrfach gewandert – die Landschaft aber könnte kaum unterschiedlicher wirken.
Tor zu einer neuen Welt: Willkommen im Wintermärchen
Kennt ihr das, wenn zu einer anderen Jahreszeit oder bei anderem Wetter auf einmal alles ganz anders wirkt als beim letzten Mal? Der Weg ist, zumindest größtenteils, gleich (ganz identisch sind meine Routen eigentlich nie). Und doch eröffnet sich mir hier eine neue, bisher unbekannte Welt, als ich schließlich in den Wald eintrete. Wie anders die Bäume aussehen, wenn alle schneebedeckt sind. Wie frostig, glasklar und unglaublich frisch die Luft ist. Einzelne Sonnenstrahlen bahnen sich ihren Weg durch die kahlen Zweige und lassen die zumindest anfangs noch unberührte Schneedecke glitzern und funkeln.
So still ist der Wald und gleichzeitig deutlich hörbar das Knirschen des Schnees beim Stapfen über den Weg, den ich nur noch erahnen kann. Vereinzelt trällert ein Vogel sein Lied, als wäre der Frühling längst da und als sei die Welt nicht so gedämpft, ja fast verstummt unter der ganzen weißen Pracht. Abgesehen von zwei anderen Wanderern und zwei Mountainbikern, die ebenfalls die Gunst der frühen Stunde direkt nach Sonnenaufgang nutzen, ist hier sonst noch niemand unterwegs. Der Weg hinauf zu Hamburgs höchstem Punkt dauert heute um einiges länger als sonst, so begeistert bin ich von dieser zauberhaften Stimmung.
Winterwandern in Hamburg – oder doch irgendwo in Skandinavien?
Und als sei das alles noch nicht genug, bietet sich kurz vor dem ‘Gipfel’ schließlich ein grandioses Lichtspektakel: Hier im dichten Wald, wo die Bäume hoch in den Himmel ragen, war es bisher größtenteils schattig. Bis die Sonne durch die Bäume bricht und alles ringsum in ihr goldenes Licht taucht. Regungs- und ein wenig fassungslos stehe ich bestimmt 15 Minuten still dort, um diese ganzen Eindrücke aufzunehmen. Und sie danach natürlich auch bildlich festzuhalten.
Wer hätte gedacht, dass die Idee, spontan einfach mal in Hamburg zum Winterwandern aufzubrechen, mich vom Gefühl her in die schneebedeckte Einsamkeit Skandinaviens oder gar Kanadas versetzen könnte?! Na gut, einige feine Unterschiede mag es da landschaftlich geben, aber ich sag’s euch: Dieser Morgen ist einfach perfekt! Viel hat nicht gefehlt, beinahe hätte ich sogar die Schneeschuhe anschnallen können. Wenn ihr also das nächste Mal die Chance habt, eure Heimat auf so neue Art zu entdecken, zögert nicht und geht einfach los. Auch wenn ihr kein festes Ziel habt oder die Route schon kennt, es wird sich ganz sicher lohnen.
- Hier geht’s zu meiner genauen Route auf Komoot (Rundwanderung vom Wanderparkplatz Fischbeker Heide, 12 km)
Eine Wanderung durch die Harburger Berge und besonders zum Hasselbrack, Hamburgs höchstem Punkt, lohnt sich übrigens auch ohne Schnee. Für mehr Hintergrundinfos und Bilder aus dem Frühling schaut doch auch mal hier rein: