Harzer Hexenstieg: Auf den Spuren von Mythen und Fabelwesen

Hexentanzplatz Thale

Wer glaubt schon an Hexen und Teufel? Der knapp 100 km lange Harzer Hexenstieg hat bis auf den Namen zunächst nicht viel mit solchen Wesen zu tun. Doch wer sich auf die Wanderung von Osterode über den “Blocksberg” bis nach Thale begibt, wird an diesen Mythen nicht vorbeikommen.

Zugegeben: Meine Entscheidung, den Harzer Hexenstieg zu wandern, hatte nichts mit der Hoffnung auf eine Entdeckung von Fabelwesen zu tun. Der Harz bietet für Wanderer einfach unglaublich schöne Gegenden und Wege, die nur darauf warten, erkundet zu werden. Darüber hinaus beherbergt das Mittelgebirge mit dem Brocken den höchsten Berg Norddeutschlands. Alpen-Fans schmunzeln bei dieser Aussage vielleicht, schließlich sprechen wir hier von einer Höhe von 1.142 m – aber glaubt mir, für uns Norddeutsche kommt jede Erhöhung über 200 m von der Empfindung her schon nahe an einen “Berg” heran. 😉

Hauptroute, Brockenumgehung und Alternativrouten

Letzten Herbst fiel meine Wahl bei der Suche nach einem Wanderabenteuer mit ein paar Höhenmetern also auf den Hexenstieg. Er verbindet die Bundesländer Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Ich war zwar vorher schon einige Male im Harz, jedoch nie zum Wandern. Höchste Zeit also, das nachzuholen! Der Hexenstieg startet in dem kleinen Städtchen Osterode am Harz und verläuft auf direktem Weg über den Brocken bis nach Thale. Diese Hauptroute misst 94 km.

Wer den Brocken auslassen möchte, kann ab Torfhaus die Brockenumgehung über Sankt Andreasberg und Braunlage wählen, der Weg verlängert sich dann auf 107 km. Eine weitere Alternative bietet sich mit der Südroute hinter dem Brocken ab Königshütte an, hier kann man statt über Rübeland dem Köhlerpfad über Hasselfelde folgen. Das gesamte Streckennetz umfasst dadurch etwa 152 km. Da der Brocken aus meiner Sicht nicht nur unbedingt dazugehört, sondern auch zentral für diese Hexenthematik ist, war für mich klar, dass die Hauptroute mein Weg wird.

Der Brocken – oder Blocksberg? Treffpunkt von Hexen und Dämonen

Der Brocken, im Volksmund auch gerne Blocksberg, gilt der Legende nach bis heute als der Ort, an dem Brockenhexen und Dämonen ihr Unwesen treiben. Besonders in der Walpurgisnacht, also in der Nacht auf den 1. Mai, wird das hier spürbar – schließlich findet in dieser Nacht das Hexenfest statt. Ob es an der falschen Jahreszeit lag oder einfach nicht jeder das Glück (oder Pech?) einer solchen Begegnung hat, weiß ich nicht, ich bin jedenfalls auf dem Weg keinem echten Fabelwesen begegnet. Da der Oktober mich aber mit Herbststürmen und Regengüssen begrüßte und ich (mal abgesehen vom Brocken selbst) gefühlt fast alleine unterwegs war, fiel mir die Vorstellung gar nicht schwer, dass in diesen Wäldern auch Dämonen hausen könnten. 😬

Die Wettereskapaden waren auch der Grund für mich, zwei Tage vor Beginn der Reise von meiner ursprünglich geplanten Aufteilung der 6 Etappen auf 5,5 Wandertage abzuweichen. Der erste große Herbststurm des Jahres traf leider genau auf das für den Start geplante Wochenende. Sturmtief “Nils” brachte Orkanböen mit stellenweise über 100 Stundenkilometern, Dauerregen und Gewitter in den Harz. Da aufgrund der Gefahr herabstürzender Äste dringend davon abgeraten wurde, sich in dieser Zeit in direkter Nähe von Bäumen aufzuhalten, verschob ich den Start um zwei Tage. Denn der Harzer Hexenstieg führt zu Beginn ausschließlich durch Waldgebiete.

Brockenhaus im Nebel
Das Brockenhaus im Nebel
Abendsonne in Königshütte

Mein Hexenstieg: 6 Etappen in 4 Tagen

So kam es, dass meine Wanderung nur vier Tage dauerte und ich dafür einen kleinen Teil der Strecke abkürzte: den Abschnitt vom Brockengipfel hinab nach Drei-Annen-Hohne fuhr ich mit der Harzer Schmalspurbahn. Ich liebe diese alten Dampfloks einfach und hatte schon länger eine Fahrt mit der Brockenbahn geplant, deshalb war das eine willkommene Planänderung. Es bietet sich sicherlich irgendwann mal die Gelegenheit, den Teil der Wanderung über Schierke nachzuholen.

Meine ursprünglich geplante Hexenstieg-Route hätte so verlaufen sollen:

  • Etappe 1: Osterode nach Clausthal-Zellerfeld, ca. 14 km + ca. 3 km Umweg hinein nach Clausthal zur Unterkunft (Anreise am selben Morgen)
  • Etappe 2: Clausthal-Zellerfeld nach Torfhaus, ca. 3 km zurück zum Pfad + ca. 20 km
  • Etappe 3: Torfhaus nach Schierke, ca 16 km
  • Etappe 4: Schierke nach Rübeland, ca. 20 km
  • Etappe 5: Rübeland nach Altenbrak, ca. 14 km + ca. 5 km Umweg für eine Alternativroute über die sehenswerte Hängebrücke Titan RT
  • Etappe 6: Altenbrak nach Thale, ca. 14 km

Durch die Umbuchungen und Unterkünfte, die ich so kurzfristig nicht mehr ändern konnte, sah meine geplante Route dann letztendlich so aus:

  • Etappe 1: Osterode nach Altenau, ca. 25 km (Anreise nach Osterode am Vorabend)
  • Etappe 2: Altenau über den Brocken nach Königshütte, Wanderstrecke ohne Bahnfahrt ca. 25 km
  • Etappe 3: Königshütte über Rübeland und die Hängebrücke nach Altenbrak, ca. 26 km
  • Etappe 4: Altenbrak nach Thale, ca. 14 km (Rückreise am selben Abend)

Ihr seht: Ein etwas komprimiertes Programm, das sicherlich anspruchsvoller, aber trotzdem gut machbar war. Absagen war schließlich keine Option. 😉 Bei der Wahl der Unterkünfte ist zu beachten, dass einige Orte und Etappenziele etwas abseits des Wanderwegs liegen und man in diesen Fällen kleine Umwege mit einplanen muss.

Nach vier sehr ereignisreichen Tagen auf dem Hexenstieg, die jedes Wetter bereithielten (teilweise innerhalb eines Tages) kann ich nur sagen: Es war eine absolut lohnenswerte Wanderung mit abwechslungsreichen Landschaften und faszinierenden Sehenswürdigkeiten wie Tropfsteinhöhlen und der genannten Hängebrücke im Rappbodetal, der weltweit längsten ihrer Art.

Auf dem Hexentanzplatz: übernatürliche Begegnungen und tolle Ausblicke

Dem Teufel und einigen anderen seltsamen Gestalten bin ich am letzten Tag übrigens dann doch noch begegnet, denn nach Kreuzung der Teufelsbrücke im Bodetal ging es in Thale mit der Seilbahn noch hinauf zum Hexentanzplatz. Hier erwartet euch das Wesen mit Hörnern und Pferdefuß in der Mitte des Platzes. Neben weiteren Hexenfiguren werden in der Walpurgishalle auch Szenen aus Goethes Faust lebendig. Weshalb es sich aber vor allem lohnt, die 454 m hochzufahren (oder auch zu wandern), ist natürlich der Ausblick: Ihr habt hier von mehreren Seiten des Plateaus tolle Panoramablicke über das Bodetal und auf die gegenüberliegende, ebenso sagenumwobene Roßtrappe.

Wenn ihr den Harzer Hexenstieg selbst wandern möchtet, kann ich euch übrigens diesen Wanderführer empfehlen. Hier werden die verschiedenen Routen vorgestellt und alle einzelnen Etappen ausführlich beschrieben, samt Varianten und Unterkünften.

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